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Kerstin Gueffroy

Eigenwillige Vorstellungen der Ostalgie, „Es war nicht alles schlecht“-Mentalität? Dafür dürfte Kerstin Gueffroy, die mit den dunkelsten Seiten der DDR zu kämpfen hatte, keinerlei Verständnis aufbringen.

Gueffroy hat ihre Kindheit in vielen angeblichen „Kinderheimen“ der DDR zugebracht, davon vier Monate im „Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau“ – eine Einrichtung zur Umerziehung unangepasster Jugendlicher, früher ein ausgewiesenes Jugendgefängnis. Nicht, dass man zwischendurch die Einrichtung wesentlich geändert hätte. Was Kerstin Gueffroy hier erlebt, verkommt in der blosen Aufzählung zu einem Daumenkino menschenunwürdiger Grausamkeiten. Die Demütigung, sich vor Erziehern entblößen zu müssen und die Haare abrasiert zu bekommen, ist nur der Anfang der Tortur. Mit lückenloser Überwachung, Einzelhaft und repetitiven Erziehungsmaßnahmen, die an Abrichtung grenzen, werden die Insassen dieser Anstalt in den Wahnsinn – und teils auch zum Selbstmord – getrieben. Die Erwachsenen sind Wärter, gesichtslose Folterknechte, die kollektive Prügelstrafen in tiefer Nacht verhängen; Bezugspersonen fehlen völlig.

Gueffroy hat ihre Erlebnisse in „Die Hölle von Torgau“ im Detail niedergeschrieben. Die Narben auf ihrer Seele sind tief und werden niemals ausheilen. Auch heute hat Kerstin Gueffroy noch Schwierigkeiten, sich in der Welt zurechtzufinden, einen Job zu behalten, ein normales Leben zu führen. Insbesondere im Bezug auf die DDR hat sich der Begriff „wichtiges Stück Zeitgeschichte“ stark abgenutzt. Ohne Gueffroys Lebensgeschichte fehlt jedoch ein zentrales Puzzleteil in unserem Geschichtsbewusstsein.

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