Satire: Schmunzeln und doch kritisch bleiben
Worüber schimpfen die Deutschen am liebsten? Mit Freude über die Bundesregierung. Und mal ehrlich: Wer hat nicht schon einmal über einen bitterbösen Politikerwitz gelacht? Satiriker beherrschen diese Form der Unterhaltung besonders gut. Sie kritisieren Staatsmänner und bringen uns damit zum Schmunzeln. Doch warum eignet sich gerade die Satire, um einer kritischen Meinung unterhaltsam Ausdruck zu verleihen? Was steckt eigentlich hinter dem Begriff und wo hat das Wort seinen Ursprung?
Was verstehen wir unter Satire?
Das Wort Satire stammt von dem Lateinischen „satira“ ab, das wiederum von „satira lanx“ hergeleitet ist und „mit Früchten gefüllte Schale“ bedeutet. Im übertragenen Sinn lässt es sich sozusagen mit einem „bunt gemischten Allerlei“ übersetzen. Die antiken Satiren hatten bereits oftmals einen gesellschaftskritischen Ansatz und befassten sich mit Missständen, wie zum Beispiel der Maßlosigkeit, dem Ehebruch oder der Habgier. In früheren Zeiten galt die Satire vor allem als Spottdichtung. Allgemein bekannt ist, dass sich Satiriker oftmals des Stilmittels der Übertreibung bedienen. Auch die Ironie und die Parodie kommen nicht selten zum Einsatz. Zudem werden entlarvende oder abstruse Vergleiche angestellt.
Oftmals bedienen sich die Autoren des Spotts, um auf kritische Zustände aufmerksam zu machen. Spott wird häufig über Metaphern und Klischees an Leser oder Betrachter übermittelt. Literaturwissenschaftlich ist die Satire nur schwer von anderen Gattungen abzugrenzen, weil sich ihre Eigenschaften mit denen anderer vielfach überschneiden. Es ist daher fast unmöglich, eine eindeutige Trennlinie zu Komik, Parodie oder Polemik zu ziehen. Weiterhin ist die Satire nicht an eine feste literarische Form oder an ein Medium gebunden. Sie kommt in Epigrammen, Romanen, Komödien und Fabeln zum Ausdruck. Die Satire begegnet uns außerdem in der Werbung, Zeitungsartikeln, Karikaturen oder in Filmen.
Eine Satire will also unterhalten und dabei gleichzeitig Kritik äußern, belehren und sogar zu Veränderungen hinleiten. Die Kunstform zeichnet sich dadurch aus, dass sie politisch-gesellschaftliche Missstände genau unter die Lupe nimmt. Sie versucht, Widersprüche aufzudecken, Unzulänglichkeiten offen zu legen und ein neues Bewusstsein zu schaffen. Das war bereits in der Antike so und hat sich bis heute nicht geändert. Nur die Themen sind zuweilen andere geworden. Die Satire hat ihr Ziel erfüllt, wenn der Leser oder Zuschauer lacht, eine Erkenntnis einsetzt und zum Nachdenken oder gar Handeln angeregt wird.
Heutzutage lässt sich der Satiriker über allgemeine gesellschaftliche Schwächen aus oder nimmt ganz bestimmte Bereiche unter die Lupe. So gibt es Satiren über fast alle Themen des täglichen Lebens wie zum Beispiel über Berufe, Schule, Moden, Personen, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaftsordnung. Doch der für Satiriker beliebteste und wohl auch lohnendste Gegenstand ist die Politik.
Die Satire in der Literatur
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren satirische Elemente ein beliebtes Mittel der gesellschaftskritischen und der politischen Dichtung. Oftmals wurde aus der Sicht einer naiven Hauptfigur berichtet, die im Kontrast zur Lebenswirklichkeit steht. In der deutschen Literatur bedienten sich zum Beispiel Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Erich Kästner dieses Stils. Ein berühmter, internationaler Vertreter der Gattung war Aldous Huxley. Seine frühen Werke weisen viele satirische Elemente auf. In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts wurden zudem viele satirische Zeitschriften gegründet. Die „Frankfurter Schule“, eine Gruppe von Philosophen und Kritikern, war daran maßgeblich beteiligt. Nach 1945 war es in der Bundesrepublik die „Neue Frankfurter Schule“, die mit Robert Gernhardt, Hans Traxler und anderen die Weiterentwicklung der Kunstform Satire prägte. Die Satirezeitschrift „Pardon“ wurde ab 1962 zum gemeinsamen Forum der Gruppe. Der Verleger schlug jedoch einen anderen Kurs ein, so dass die Mitarbeiter im Jahr 1979 das Satireheft „Titanic“ ins Leben riefen. Bis heute erscheint die Publikation monatlich. In der DDR gab es ab 1954 ein Pendant, Das Satire-Magazin „Eulenspiegel“ existiert auch heute noch.
In der Gegenwartsliteratur tauchen Satiren in allen Gattungen und Formen auf. Die Medien Film und Fernsehen verstehen es, die Kunstform besonders massenwirksam einzusetzen. Ein Beispiel dafür ist die international erfolgreiche Zeichentrickserie „Die Simpsons“. Die Sendung wirft einen kritischen Blick auf die amerikanische Gesellschaft und thematisiert auch politische Diskussionen. Das deutsche Fernsehen hat ebenfalls populäre Satiriker hervorgebracht. Dazu gehört Harald Schmidt, der in seiner Late-Night-Show mit böser Zunge Spitzen verteilte, oder aber Dieter Hildebrandt, der mit seinem politischen Kabarett „Scheibenwischer“ für Aufmerksamkeit sorgte.
Eine besonders große Reichweite hat gegenwärtig die deutschsprachige Website „Der Postillon“, die von Stefan Sichermann betrieben wird. Fast täglich werden auf dieser Plattform satirische Beiträge in Form von Zeitungsartikeln und Agenturmeldungen publiziert. Die Artikel verbreiten sich rasend schnell über die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und Google+. Im März 2014 gab es ein besonders großes Echo. Die Beiträge wurden fast 700.000 Mal geteilt. Damit erzielte „Der Postillon“ eine höhere Reichweite als Nachrichtenportale wie Focus Online, Süddeutsche.de oder Frankfurter Allgemeine.de.
Diese Bücher sind spitzfindige Satiren-Beispiele, die wir Ihnen sehr empfehlen können:
- Alles im Griff: Eine Business-Soap
- Auch Deutsche unter den Opfern
- Bessere Verhältnisse
- Blau unter Schwarzen
- Charlie Summers
- Das total gefälschte Geheimtagebuch vom Mann von Frau Merkel
- Der kleine Wählerhasser
- Der moderne Spießer
- Der Untertan
- Deutschland. Ein Wintermärchen
- Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
- Die Känguru-Chroniken
- Die Känguru-Offenbarung
- Die Nachhut
- Don Osman
- Er ist wieder da
- Für Eile fehlt mir die Zeit
- Feindesland: Hartmut und ich in Berlin
- Gefühltes Wissen
- Gott bewahre
- heute-show: Das Buch
- Ihr müsst bleiben, ich darf gehen
- Imperium
- Mit herzlichen Grüßen
- Offen für Alles und nicht ganz dicht
- Post von ganz oben
- Reinlich & kleinlich
- Schantall, tu ma die Omma Prost sagen!
- Schantall, tu ma die Omma winken! Aus dem Alltag eines unerschrockenen Sozialarbeiters
- Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich
- So funktioniert Deutschland
- Soloalbum
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